"Braucht gute Architektur Bauvorschriften?"

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Ernst Neufert

 

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Jaques Herzog hat einmal in einem Interview gesagt, “dass die meisten Architekten gar nicht fähig sind, mit einer Tabula-rasa-Situation etwas anzufangen. Die Einschränkungen und Vorgaben sind für die meisten Architekten das, woran sie sich mangels Fähigkeiten festhalten und woran sie ihr Ding festmachen können“.

 

Andererseits sind Regeln sind natürlich auch dazu da, gebrochen zu werden. Paul Goldberger meinte dazu in der New York Times sogar einst: „Maybe the best test of a good architect is his or her ability to break the rules and get away with it.“ Es gibt unzählige architektonische Beispiele, die deutlich machen, dass herausragende bauliche Lösungen oft nur dank der hartnäckigen Auseinandersetzung mit Vorschriften und Regeln möglich wurde. Zeitschriften widmen dem Thema ganze  Ausgaben, wie z.B. die Bauwelt.

 

Reibungsfläche sind dabei einerseits Normen und andererseits baurechtliche Vorschriften oder Regeln. Erstere sind insbesondere im Wohnungsbau der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (und später mit dem Protagonisten Ernst Neuffert) eine Errungenschaft zur Qualitätssicherung des Lebensstandards der breiten Bevölkerung. Sie fliessen ein in baurechtliche Vorschriften, bzw. Bauordnungs- und Bauplanungsrecht, das als politisches Steuerungsinstrument dient, und regelt, ob, was, wie und wieviel gebaut werden darf.

 

Aber gerade im Wohnungsbau müssen Normen und Regeln immer wieder an die aktuelle gesellschaftliche Situation angepasst werden. Wenn dies nicht geschieht, bleibt Architekten, die sie in kritischer Ausübung ihres Berufes hinterfragen, nichts anderes übrig als sie umzudeuten oder regelrecht auszutricksen. Ohne das Auffinden des gesetzlichen Schlupflochs oder ohne den legalen Regelverstoß durch die Architekten würde heute weder der Tour Bois le Prêtre von Druot, Lacaton & Vassal in Paris noch stehen, noch wäre je die Sargfabrik in Wien (link zum Projekt) entstanden. Standards, die einst zur Qualitätssischerung aufgestellt wurden, können heute zum Beispiel die Erstellung kleinerer und damit günstigerer Wohnungen verhindern. Auch Flächennutzungspläne oder Gestaltungssatzungen fordern Architekten heraus, ihre eigenen Antworten darauf zu finden. Doch wird der Akt der konstruktiven Überschreitung oft genug mit Ausschluss oder Verstümmelung bestraft – man denke an das vermeidbare Schicksal von Nicholas Grimshaws „Gürteltier“, das an der Straßenseite per behördlicher Anordnung auf 22m-Traufhöhe und Blockrandbebauung getrimmt wurde.

 

Aber darüber zu jammern hilft nicht. Architekten müssen eine aktivere Rolle im Prozess der Normierung und Regelung des Bauens einnehmen. Normen und Bauvorschriften sind bekanntlich nicht gottgegeben, sondern werden von Menschen mit bestimmten Interessen gemacht. Waren das anfänglich eher die politischen Vertreter der Bevölkerung, so haben sich hier in den letzten Jahrzehnten immer mehr die Lobbyvertreter der Bauindustrie ins Spiel gebracht. Immer öfter schreiben sie ihre geschäftlichen Anliegen ganz unverhohlen in die Gesetzesentwürfe, die von den Gesetzgebern nicht selten nur noch durchgewunken werden – man denke an die EnEV, die den Bedürfnissen der Dämmstoffindustrie verbindlichst entgegenkommt. Auf diese Weise ist ein Wust an Vorschriften entstanden, der den einst archaischen Akt des Bauens heute so verkompliziert, dass Architekten immer mehr Zeit damit verbringen, die große bahnbrechende Idee, mit der man den Wettbewerb gewann, auch nur halbwegs unversehrt durch das scharfzackige Heckenwerk unzähliger Paragraphen aus kommunalen, föderalen, Bundes- und europäischen Richtlinien zu bugsieren. Der Architekt wandelt sich langsam vom Entwerfer zum wandelnden Behördenflüsterer. Immer lauter wird der Ruf, die Überregulierung des Bauens zu stoppen.  Braucht gute Architektur also Bauvorschriften?

 

Aktuelle Anmerkung der Redaktion: Angestoßen durch den Britischen Pavillon der letzten Architektur Biennale in Venedig wird das Thema seit einiger Zeit auch in Großbritannien diskutiert (siehe: The Guardian) Und am 5. 3. fand am Royal Institute of British Architects in London ein von Liam Ross organisiertes Symposium zum Thema statt.

 

 

Does good architecture need regulations?

Jacques Herzog once said in an interview that: “Most architects are not even capable of dealing with a tabula rasa situation. Restrictions and regulations are what most architects hold on to, for lack of capabilities, in order to anchor their designs somewhere.“

But rules are meant to be broken they say. Former New Yorker architecture critic Paul Goldberger once went as far as saying: “Maybe the best test for a good architect is his or her ability to break the rules and get away with it.“ There are many examples of outstanding architectural designs that only came into being by negotiating, bypassing or even breaking existing regulations. Magazines, like the German Bauwelt, dedicate entire issues to this topic.

Friction is not only caused by general norms but also by regulations or rules. Norms, especially those of housing during the first half of the 20th century, were once used as tools for guaranteeing a good quality of life for the majority of the population. They have been moulded into building code and planning law that today serve as political instruments to regulate what, how, and how much can be built.

But norms and rules have to be adapted continuously to changing social conditions, especially in housing. If this does not happen, then architecture in pursuit of a critical practice will have no other choice but to artfully misinterpret them to reach a perfectly desirable design solution. Without the sophisticated search for legal loopholes, a building like Tour Bois le Prêtre in Paris, recently ingeniously transformed by Druot, Lacaton & Vassal, would no longer exist. An equally inventive project, like BKK-3’s Sargfabrik in Vienna, would never  have been built in the first place. The same social housing standards first established to guarantee adequate space for dwelling now prevent the production of smaller and more affordable units in cases where that would seem useful (for instance in high-priced real estate markets). On the level of urban design, architects also face the challenge of passing their proposals through a legal corridor of zoning plans and design charters. If architects decide to go against these rules, they are often punished by either having their schemes disqualified from their respective competitions or by being forced to run their designs through a bureaucratic mill that finally spits them out as something entirely different – just remember the pathetic fate of Nicholas Grimshaw’s Chamber of Trade and Industry in Berlin, which on the side facing the street was crudely trimmed to match the standard 22m eaves line of Berlin’s traditional perimeter block.

But there is no point in lamenting over codes and regulations. Architects need to engage more actively in the process of defining the rules. For they are obviously not god-given, but made by people with particular interests. If in the beginning this was the task of our law makers, acting as representatives of society, recently we see lobbyists of the building industry to take an ever more poweful role. It’s not rare that they actually write new regulations which are then only waved through by politicians before becoming actual law. German regulations for saving energy (EnEv), for example, obligingly acts in the interests of the national building insulation industry. In this way, nearly every industrial lobby has managed to slide their particular agenda in some code or other over the past few decades. The result is a tangled mess of regulations that complicates the once archaic act of building, now beyond recognition. Increasingly, architects spend most of their time pushing their project’s one great idea through a vicious labyrinth of paragraphs defined by communes, the state, even the EU. There are increasing calls to stop the endless the proliferation of restrictions. And therefore we ask: Does good architecture need regulations?

 

 

 

Gerhard Zickenheiner / 20.3.2013 / 23:22

Dipl. Ing. Architekt, MAS GSR

Ja ...

Beitrag / Kommentares gibt verschiedene Betrachtungsebenen, Flughöhen, auf denen eine Gesellschaft das Werden ihrer Städte definieren läßt, die sich gegenseitig auch konditionieren. Eine (schon eher tiefere)Ebene sind die Bebauungspläne und die Baugesetze. Meines Erachtens macht das auch heute noch Sinn, wenn auch nicht in der gegenwärtig praktizierten Form. Ein B-Plan regelt sinnvollerweise Kubaturen, Fluchten, Höhen.Wir Deutschen sind bekanntlich beseelt und gegeißelt von einem tatsächlich immer noch zunehmenden neurotischen Ordnungswahn, der dazu führt, dass zweierlei schief geht auf der Ebene der B- Pläne:1. es gibt keine wirkliche Möglichkeit für die großen Ausnahmen. Ein Diskurs zum Einzelobjekt wird durch den B- Plan erstickt oder im Bereich der politischer Gunst, behördlicher Wilkür oder demokratisch geregeltem Gremiengedünkel geregelt und abgeriegelt.2. hatte ein B-Plan der 60er Jahre noch einen Umfang von 6 Seiten, so sind es heute 40-70 Seiten an B-Plan-Regelwerk. Nicht dass das seine Begründung findet in der Überzeugung, dass die Architektur unserer Tage durch die vielen B-Plan-Reglementierungen besser sei als die der 60er, geschweige denn steckt dahinter die Utopie, dass dieses Ziel, bessere Architektur in einem irgendwann erreichten Stadium absoluter Reglementierung erreichen zu können. Es ist wohl eher die gesellschaftlich-patologisch begründete deutsche Unfähgkeit, einen verselbstständigten Regulierungswahn unbestimmter Zielsetzung in den Griff zu bekommen. Verwaltungen verhalten sich ab einer bestimmten kritischen Masse wie lebendige Organismen: sie müssen zwingend wachsen und wirken. Die Sinnfälligkeit des Wirkens steht dabei zunehmend reziprog zum Grad des Wachstums. Übrigens nicht nur beim B-Plan - Machen.Vielleicht ermöglichen uns neue Beteiligungsformen eine bessere Entscheidungsmechanik. Vielleicht eröffnen sie eine neue Dimension des Diskurses zum Bauen im Kontext, einfach dadurch, dass der Kontext eine Stimme bekommt. und vielleicht machen wir uns dann wieder zu wichtigeren Dingen als zu Traufhöhen und Grünvorschriften Gedanken, zB wie wir mit unserem öffentlichen Raum umgehen. Den haben wir nämlich vor lauter Regulierung und Ankämpfen gegen Regelwerke völlig aus der Hand gegeben.
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Beniamino Servino / 18.3.2013 / 17:43

Architect, Caserta, Italy

Nein ...

Rules, understood as conceptual principles, are the grammar of architectural thought. When the architectural thought becomes complex or when it becomes an autobiographical investigation then this grammar can become a cage. The architectural thought has to decompose the grammar in order to represent itself, inventing memories and the language to describe them. Beniamino Servino is an architect based in Caserta, Italy. In 1994 he founded SERVéN, a thought engine dedicated to processing theories about the monumental dimension of architecture. Reacting to the global economic crisis, Servino is currently establishing a „Manual of the Aesthetics of Dignified Misery“. http://ec2.it/beniaminoservino
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Hannes Gumpp / 17.3.2013 / 20:39

Industriedesigner, München

Nein ...

Die Tatsache, dass Ernst Neufert als einer der ersten Studenten am Weimarer Bauhaus studierte und später als angestellter Architekt in Walter Gropius’ Architekturbüro Bauleiter des neuen Bauhausgebäudes in Dessau war, kann man schon als Fingerzeig verstehen, dass die Tendenz zur Regulierung, das exakte Definieren-Wollen des "Richtigen" schon so alt zu sein scheint wie die Moderne selbst. Ich finde das nagt schon etwas an der Unbefangenheit der Faszination, die man sich für das Neue Bauen gerne aufrechterhalten würde. Ich hätte mir in dieser Debatte einen stärkeren „#Aufschrei“ von Architektenseite erwartet, das Thema ist super gewählt und wirklich relevant. Ich selbst habe nur zwei Semester Architektur studiert, dann Industriedesign, hinterher aber oft mit Architekten zusammengearbeitet - wobei ich immer sehr froh war, nicht alles wissen zu müssen und stattdessen andere Fähigkeiten beisteuern zu können. Von befreundeten Architekten weiss ich über das immer enger werdende Netz an Vorschriften und wie frustrierend es ist, tolle Gebäude auf Dezeen zu sehen die man allesamt so hier nicht bauen könnte. Oder wie das Bauhaus denn heute aussähe, all die netten Balkone ... Schlimm finde ich den additiven Charakter von Vorschriften, der selten hinterfragt wird. Wie wäre es denn, wenn für jede neue sinnvolle Vorschrift eine andere, ältere, sich als absurd erweisende verschwinden müsste? Diejenigen Kollegen, die Gefallen finden an der Arbeit in Behörden wären beschäftigt, das Netz an Vorschriften würde sich aktualisieren, ohne zwangsläufig engmaschiger zu werden ... so vielleicht? Hannes Gumpp (1977) studierte zunächst Architektur und Design an der Akademie der Bildenden Künste und schloss dort sein Diplom im Fachbereich Industrial Design ab. 2007 gründete Hannes Gumpp ein eigenes Designstudio. Seitdem arbeitet er - in wechselnden Konstellationen - in den Bereichen Möbel, Retaildesign und Architektur sowie an der Konzeption und Umsetzung von Ausstellungen, zuletzt für das Museum für Konkrete Kunst in Ingolstadt und den Kunstraum München. www.hannesgumpp.com 
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Isa Stürm / 17.3.2013 / 11:40

Architektin, Zürich

Nein ...

Bauvorschriften sind ein faszinierender kollektiver Wissensschatz, der über die Zeit akkumuliert und dynamisch erweitert wird: Gedankengut, Erfahrungen, Interessen, Anleitungen. Bauvorschriften bilden ein Universum mehr oder weniger gesellschaftlich verhandelter Interessen und kulturell signifikanter Indikatoren; man denke an die verschiedenen Bauvorschriften in alten Städten etwa Athen oder Peking, die über Jahrhunderte hinweg laufend erfunden und praktiziert wurden. Für den architektonischen Entwurf stellen Bauvorschriften auch eine kontextuelle Ressource dar, die zur Aneignung anderer Wissensgebiete und zum Verständnis menschlicher Traditionen verhelfen kann. Als Baugesetze regeln sie den Bau von urbanen Landschaften – die Städte Europas sind ohne die Macht der europäischen Aristokratie zum Beispiel undenkbar. Bauvorschriften sind aber auch einschlägige Normen für eine Architektur, die sich in einem hochindustrialisierten Umfeld neu positionieren muss und arrangieren das komplexe Zusammenspiel mit spezialisierten Techniken und Wissenschaften – im Geiste ihrer Erfinder natürlich. Protokolle, Anschauungen wie Feng Shui, Vastu sowie animistische Regeln bringen eine weitere, spirituelle Dimension von mehr oder weniger sanktionierten Bauvorschriften auf allen Kontinenten ein. Ein wertvoller Fundus für den architektonischen Entwurf sind jene Bauvorschriften, die nicht nur reflektiert und nachgewiesen, sondern mit dem Service public direkt verhandelt werden. Diese Art lösungsorientierter Verhandlung ist in demokratischen Nationalstaaten wie der Schweiz noch möglich, während in globalisierten Systemen das „Liability“ Prinzip dominiert, was die Ablehnung individueller Verantwortung begünstigt. In der Diskussion um Regeln und Normen gilt es also zu unterscheiden zwischen gesellschaftlich, politisch motivierten Gesetzen auf der einen Seite und von renditeorientierten Interessenverbänden durchgesetzten Bauvorschriften auf der anderen Seite. Gegen die mögliche Sinnlosigkeit von Bauvorschriften kann auch ein bewusster Verstoß im Sinne des antiken zivilen Ungehorsams legitimiert sein, bis hin zum Verzicht auf eine Bauaufgabe oder einer Neuverhandlung der Bauvorschriften. Bauvorschriften sind jedoch auch immer eine wichtige Rückmeldung der Gesellschaft auf die Architektur und wirken auf die Produktion zurück. Es liegt in der Natur der Sache, dass die architektonische Idee individuell in den ‚Köpfen’ von Architekten entstehen und dann kollektiv ausgearbeitet und verhandelt werden. Am Ende stellt das Bauwerk oder das Architekturprojekt eine Tatsache dar, die von der Gesellschaft wahrgenommen und weiter verhandelt wird. Ein Niederschlag davon findet sich in den Bauvorschriften. Aber für gute Architektur braucht es eben mehr als diese. So bleiben trotz der - bestenfalls produktiven - Eigenschaften die Regelwerke der Bauvorschriften ihrer eigenen Subjektivität und Denkweise unterworfen. Der Entwurf guter Architektur kann zwar spielerisch und intelligent mit Ihnen umgehen, braucht sie aber nicht. Vielmehr braucht gute Architektur Utopien und Visionen!  Isa Stürm, geb. 1958 in Paris, hat an der ETH Zürich Architektur studiert. Sie war Assistentin bei Adolf Max Vogt am Lehrstuhl für Architekturtheorie und Architekturgeschichte der ETHZ. Bevor sie 1988 zusammen mit Urs Wolf ein eigenes Architekturbüro gründete, arbeitete sie bei Santiago Calatrava und Jacques Herzog & Pierre de Meuron. Isa Stürm Urs Wolf SA sind in der Schweiz und international tätig. Aktuelle Bauten sind das Kunst(Zeug)Haus in Rapperswil-Jona (2008), das Kulturaggragat Lokremise St.Gallen (2010) und die Genossenschaftssiedlung Furttalstrasse in Zürich (2011).
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Bernd Kniess / 15.3.2013 / 7:24

Architekt und Stadtplaner, Hamburg

Ja ...

... das braucht sie. Architektur folgt Regeln, geschriebenen und ungeschriebenen. Regeln der Nutzung und des Gebrauchs, des Brand- und Klimaschutzes, der Ökonomie, der Wünsche und manchmal auch einfacher Notwendigkeiten und Belangen derer, die davon berührt sind – direkt oder indirekt. Wenn es in der Architektur nicht nur um den „Container“ ginge, den zu gestalten der Architekt sich anschickt, wenn wir also auch die Prozesse mitdächten, die den späteren Gebrauch ermöglichen, so könnten wir unterscheiden die Phase der Planung und des Bauens von der des eigentlichen Gebrauchs. Aber selbst in dieser Unterscheidung stellte sich die Frage, wann diese eigentlich beginnt: mit dem ersten Einzug der Bauherren oder Mieter oder bereits mit dem ersten Frühstück, das der Handwerker auf der frühlingssonnenbeschienenen Terrasse einnimmt. Und selbst das in Gebrauch nehmen beendet nicht das fortgesetzte Um-, Weiter- Planen und Bauen. Das Schwierige an Planungs- und Bauprozessen für alle Beteiligten ist, dass sie Teil eines komplexen Verfahrens sind, das nicht erst mit der Grundlagenermittlung einsetzt und schon gar nicht mit der Dokumentation abgeschlossen ist. Die gelungene Zusammenführung all der formellen und informellen Regelwerke bringt möglicherweise Architektur hervor - und nicht einfach die Lösung eines technischen Problems durch den damit betrauten Ingenieur. Eine Anpassungsfähigkeit, wie sie sich im Gebrauch durch unterschiedliche Nutzer und Zeitläufte erst unter Beweis stellen wird, die Begebenheiten weit über die ihr zugrunde gelegten Funktionserfüllungen hinaus ermöglicht, erzählt dann etwas über Qualität, vielleicht auch Schönheit. Solches zu erzielen, obliegt dem Architekten, der sein Handwerk im Umgang mit Komplexität und Heterogenität versteht. Menschliche und nichtmenschliche Akteure schaffen in unendlichen denkbaren, möglichen und unmöglichen Verschaltungen Raum. Das Blatt war nie leer, nie war nichts da. Die Regeln selbst, ihr Ordnungssystem, ihre Verwaltung – selbstredend sollte dies einer dauernden Aktualisierung unterzogen werden, wie Anne Lacaton das hier auch fordert. Alleine um mit den ständig sich wandelnden Bedingungen, Bedürfnissen, Wünschen Schritt zu halten. Bernd Kniess, Architekt und Stadtplaner; seit 2008 Professor für Städtebau / Urban Design an der HCU in Hamburg, wo er den neuen interdisziplinären Masterstudiengang Urban Design (UD) und das Lehr-und Forschungsprojekt Universität der Nachbarschaften (UdN) leitet. Er gehört der Forschungsinitiative “Low-Budget-Urbanity” an und ist seit 2009 Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste.
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Urs Füssler / 13.3.2013 / 18:29

Architekt, Berlin

Ja ...

Trotz lauschiger Reihenhäuschen und grossstädtischer Getreidesilos - wenn die Architekten der Generation unserer Väter und Grossväter den Namen Hans Bernoulli hörten, mussten sie die Zähne fletschen. Die ETH Zürich hatte dem Architekten 1938 Lehrauftrag und Professorentitel entzogen, weil Bernoulli Architektur und Städtebau nicht von politischen Fragen trennen wollte. Im Kampf gegen die Bodenspekulation propagierte er eine umfassende Bodenreform "Grund und Boden der Stadt, Hausbesitz den Privaten" - und scheiterte. Politisch waren seine radikalen Ziele damals und sind sie bis heute nicht durchsetzbar, zumindest in unseren gesellschaftlichen Breiten. Die Architektur unserer Städte ist im Guten wie im Schlechten geprägt von einem über Generationen entwickelten komplexen Konstrukt verschiedenster Vorschriften, Auflagen, Baugesetze und eingeschliffener Praxis. Mit diesen Gesetzen schlagen wir Architekten uns herum. Sie gelten für alle.Für fast alle. Manchmal kann einer für einen Bauherren planen, sagen wir für die Firma Roche, die der Stadt rund 2000 Arbeitsplätze anbietet, um sich im Gegenzug Ausnahmen von einzelnen Vorschriften zu sichern. Und so kann der fähige Architekt dann gewissermassen in einer Tabula-rasa-Situation seine Heimat Kleinbasel mit einem 180 Meter hohen superdildoartigen Hochhaus bestücken. Die Frage, ob es sich hier, im einzelnen, um gute Architektur handelt, und ob diese Bauvorschriften benötige, ist völlig bedeutungslos. Vielmehr stellt sich die Frage, ob die gute Stadt Bauvorschriften braucht. Dem Bauherrn, der gute Architektur wünscht, ist es ja nicht genommen, die besten und fähigsten Architekten zu wählen. Aber was kann die Stadt tun, die wünscht, eine gute Stadt zu sein? Hans Bernoulli hat bereits 1946 in seinem Büchlein Die Stadt und ihr Boden kritisiert: "Grund und Boden entgleiten dem Verfügungsrecht der Stadt". Daran hat sich bisher scheinbar nichts geändert. Wirklich nicht? In einer Demokratie kann eine Mehrheit knallkopfartig handelnder Stimmbürger den Bau von Minaretten relativ kurzfristig grundsätzlich verhindern. Leider. Aber auch dieses Gesetz kann wieder abgeschafft werden. Stimmbürger initiieren inzwischen erfolgreich nationale Gesetze,mit denen unanständig vergebene Managergehälter verhindert werden. Das ist Gestaltung. Warum denken wir noch nicht daran, in unseren Architekturdiskursen, wie wir intelligente Gesetze zur spezifischen Veränderung unserer Städte entwerfen? Warum arbeiten wir nicht daran, uns einzumischen? Wenn wir die Stadt verändern wollen, dann interessieren uns die Bauvorschriften und ihre dauernde Modifikation als Schöpfung, als ein Gestaltungswerkzeug, mit dem wir selber unsere Städte transformieren, immerfort. Das klingt utopisch? Die Stadt Lüttich zeigt deutlich mögliche Auswirkungen der Modifikation von Bauvorschriften. (Foto: Urs Füssler) Urs Füssler arbeitet als freier Architekt in Berlin. Er hat an der ETH Zürich Architektur studiert, als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni Kassel u. a. das Fachgebiet Entwerfen im Städtebaulichen Kontext geleitet und war lehrbeauftragt an der UdK Berlin, AdBK Nürnberg, Uni Wuppertal und RWTH Aachen.
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Cary Siress / 12.3.2013 / 20:48

Architect and researcher, Singapore

Ja ...

 Yes, but ...Building regulations are not a topic known for keeping people awake. This might explain why we seldom hear much about them, at least from architects. Even today, it is as if architecture is still conceived immaculately, coming to the world by fiat of the architect’s enlightened will. The rules underwriting architectural production – whether ‘good’ or ‘bad’ – are usually silenced, bracketed out of an architect’s account of a project to make room for something more fit to print. When we read about ‘good’ architecture, for example, what we usually hear about are not the rules that ultimately make a work possible, or about those regulations modified through negotiation to make a work stand out as exception to the rule. No, when it comes to ‘good’ architecture, it is not ‘good’ rules, but rather ‘good’, if not ‘great’ ideas, concepts, references, citations, innovations, and so forth that are celebrated as the decisive agents of design practice. When we encounter a ‘bad’ building, it is not necessarily ‘bad’ regulations that are at fault per se, but rather the deficient creativity of mediocre practitioners. The resourceful agency of architects (or lack thereof) is typically what is at stake in accounts of architecture, NOT building regulations themselves. Given this rather worn out saga, it is quite refreshing to hear an architect speak about building regulations as the real ‘site’ of architectural production, and to encounter an architecture born of precise work upon the regulations that frame it or to go even beyond and re-form regulations with respect to small, but smart adaptions. This is clearly the case in the projects by Lacaton & Vassal, as one can gather from Anne Lacaton’s statement for this debate. Such a practice makes clear that working on and through building regulations must indeed become a prime concern of design intelligence if architecture is to retain any cultural relevance beyond what architects themselves attribute to their trade. Building regulations? YES, but when considered as core design issue to be worked and reworked and not as compromise or excuse for a project! Any other account of architecture is but one more story that continues to silence the very terms of its making. Cary Siress is an architect and a senior researcher on territorial organization at the Future Cities Laboratory (FCL) in Singapore. He is currently co-authoring a book concerning the production of urban territory under various political and economic policies in different settings around the world.
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Prof. Michael Braum / 11.3.2013 / 21:53

Geschäftsführer IBA Heidelberg

Jein ...

Es braucht Bauvorschriften, aber in Maßen. Sie müssen angemessen, problemorientiert und frei von lobbyistischen Interessen sein. Die das Bauen gegenwärtig prägende Überregulierung durch Vorschriften bindet nicht nur Energien am falschen Platz, sie fördert auch die Verlagerung von Verantwortlichkeiten und die Egalisierung des Bauens. Diese Art von Vorschriften brauchen wir überhaupt nicht.Solange die mit dem Planen und Genehmigen sich hinter diesen verstecken können und sie die sektoralen und vagabundierende Zuständigkeiten nicht durch ein mehr an ganzheitlicher Verantwortung zu ersetzen in der Lage sind, kann gute Architektur nicht entstehen.Um diese verfahrene Situation zu ändern,  ist ein ganz anderes Selbstverständnis der Genehmigungsbehörden notwendig.  Doch dazu müssten zunächst einmal die Verfasser dieser Flut von Bauvorschriften von im Planen und Bauen Versierten ersetzt werden, die das Geschäft in einem ganzheitlichen Anspruch gelernt haben und auf diesem Erfahrungsschatz in der Lage sind, von Fall zu Fall der spezifischen Situation angemessen zu entscheiden Unsere Wirklichkeit entfernt sich immer weiter von diesem Anspruch, nicht nur beim Bauen: vom Glühbirnenbefehl bis hin zu einer Vielzahl häufig unsinniger Sicherheitsvorschriften reicht die Reglementierung in einem System der Gefahren- und Haftungsabwehr, das sich dabei auch noch als Gralshüter des Gutmenschentums geriert in dem verantwortungsbewusste Experten zunehmend durch Technokraten ersetzt werden.Das was wir als Entmündigung bereits täglich in unserem Alltag erfahren - unser Auto piept, wenn wir uns nicht anschnallen – es ist nur eine Frage der Zeit, dass sich hier die automatische Wegfahrsperre einschaltet- , wir dürfen in öffentlichen Gebäuden nicht mehr rauchen, wir stellen nach Quote und nicht nach Eignung ein, alles wird geregelt, nur nicht unbedingt zu einem Besseren – das spüren wir auch im Bauen, vergeben wird doch nicht an den Geeigneten, sondern an den Billigsten.Liegt darin nicht die Hauptursache, die die Vielzahl dieser gebauten Banalitäten, den Stereotypen in ihrer unsäglichen Austauschbarkeit erklärt, egal ob im öffentlichen Raum oder den Häusern. Hauptsache nach Vorschrift, hoffentlich auch preiswert in der Herstellung, billig im Unterhalt und einfach in der Genehmigung, so sieht sie aus unsere Umwelt. Wer hat denn die Zeit, die Macht oder das Geld, sich gegen diese Strukturen durchzusetzen?So gesehen schaden Bauvorschriften einer guten Architektur und auch die Mär, dass gute Architekten in der Lage sind, die Vorschriften intelligent zu interpretieren, trägt heute nicht mehr. Viel zu viel Kraft binden sie inzwischen und halten die Architekten von ihrer eigentlichen Aufgabe anspruchsvolle Gebäude zu entwerfen ab.Bei aller Hoffnungslosigkeit lässt nur hoffen, dass die Bürokratien eben auch aus Menschen bestehen, die wie Andere ebenfalls Probleme mit kognitiven Dissonanzen haben. Deshalb sollten sie eigentlich nicht das uneingeschränkte Recht bekommen, das Leben Anderer in der gegenwärtigen Form zu reglementieren. Für ein weniger an Bauvorschriften. Prof. Dipl.-Ing. Michael Braum, geb. 1953, ist Geschäftsführer der IBA Heidelberg GmbH und war bis vor kurzem (2008-2013) Vorsitzender der Bundesstiftung Baukultur. Zuvor (2006–2008) war er Prodekan an der Fakultät für Architektur und Landschaft an der Leibniz Universität Hannover, an deren Institut für Städtebau und Entwerfen er seit 1998 Professor ist. Er war viele Jahre als Architekt und Stadtplaner tätig u.a. im Büro Conradi, Braum & Bockhorst, als Gesellschafter der Freien Planungsgruppe Berlin GmbH und zuletzt in seinem eigenen Büro Michael Braum & Partner. 1984 – 1988 war Michael Braum wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Berlin. Dort hat er 1980 sein Diplom absolviert.
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Jörg Leeser / 11.3.2013 / 19:41

Architekt, Köln

Ja ...

Es gibt eine Bauaufgabe in Deutschland, die unter keinen Umständen lösbar ist. Es ist die gewerbliche Grossküche. Wie bei jeder ordentlichen Tragödie werden hier gute Absichten grausam bestraft. Die durch Arbeitstättenrichtlinien geforderte Rutschfestigkeit von Bodenbelägen trifft dabei in vollkommender Unvereinbarkeit auf hygienische Vorschriften des Veterinäramtes zur Reinigung von Oberflächen. Rauh versus glatt, ein Dilemma unauflösbarer Paradoxie. Und doch werden gewerbliche Küchen gebaut. Die Zahl der tödlichen Stürze und Vergiftungen bleibt überschaubar. Diffiziler noch als die Frage der einwandfreien Errichtung von Küchen ist die Zukunft unserer Städte. Durch unsere wohlmeinenden Baugesetze, die eine gerechte Verteilung von Licht, Luft und Sonne gewährleisten wollen, nimmt unter dem Paragraphen 34 des Baugesetzbuches – der Regelung zur Einfügung in die Eigenart der Umgebung – eine fortschreitende Verzwergung unserer Städte ihren Lauf, die in letzter Konsequenz in deren Geschosslosigkeit enden muss. Durch diesen Gesetzestext weht eine krude Melange aus verniedlichender Heimatsehnsucht, Fragmenten der Charta von Athen und –  folgenschwer – die unsere Zeit  so prägende Zaghaftigkeit, die wohl den vielen, von guten Absichten befeuerten Irrtümern der Technokratie des 20. Jahrhunderts geschuldet ist. Ist es die Konsolidierung einer sich als ereignislos empfindenden Gesellschaft, die eine unbeschwerte und schnelle Anpassung von Regeln verhindert? An Bedürfnisse einer sich durchaus nicht immer nur zum Schlechten entwickelnden Welt? Regeln sind Verhandlungen, ökonomisch wie moralisch. Festsetzungen können nur vorläufig sein. Das mutlose Klammern an vermeintliche Gewissheiten ist der Imperativ einer kraftlosen Zeit, die nur Bedenken kennt und keine Hoffnung hat. 1904 gründete Jaroslav Hašek, der spätere Autor des braven Soldaten Schwejk, zusammen mit einigen Kumpanen die „Partei des gemäßigten Fortschritts im Rahmen des Gesetzes.“ In der dem Untergang geweihten K.u.K. Monarchie fand dieser beherzte Akt negativer Affirmation nicht viele Wähler. Wir können aber im Umgang mit Bauvorschriften viel von ihm lernen. Verschmitzte, willfährige Erfüllung von Bauvorschriften mag keine Revolutionen auslösen, doch kann sie im Impetus kunstvollen Scheiterns dieser Welt ein wenig Sinn abringen, der Größerem voran stehen soll. Gute Architektur darf sich nicht darin erschöpfen, Gewissheit und Angst der Regelwerke mit feinem, stillem Zweifel in Poesie zu verwandeln. Den leisen Tönen sollen laute Töne folgen. Paradoxe Töne, Robert Moses und Jane Jacobs. Im Duett. Dieses Bild von Lüttich dokumentiert eine Stadt, die sich mit viel Würde über so etwas wie einen Paragraphen 34 hinweggesetzt hat. Belgien hat auch erst am 1. Januar 1967 die Führerscheinpflicht eingeführt, dafür aber schon länger die Autobahnen beleuchten lassen. Siehe auch Urs Füsslers Beitrag zu dieser Debatte.  Jörg Leeser, geb. 1967, ist Architekt in Köln. Gemeinsam mit Anne-Julchen Bernhardt gründete er dort 2000 das Architekturbüro BeL. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrgebiet Konstruktives Entwerfen der RWTH Aachen. Es folgten Vertretungsprofessuren an der Bergischen Universität Wuppertal und der Peter Behrens School of Architecture Düsseldorf. Außerdem war Jörg Leeser von 2007 bis 2011 Vorstandsmitglied des BDA Köln. Derzeit realisieren BeL im Rahmen der IBA Hamburg-Wilhelmsburg ihr Projekt „Grundbau und Siedler“, das zur Eröffnung des Präsentationsjahres am 23./24. März 2013 öffentlich eingeweiht wird.
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Anne Lacaton / 10.3.2013 / 19:30

Lacaton & Vassal Architectes, Paris

Nein ...

No, we’re not convinced that good architecture needs building regulations. Regulations are surely necessary to help organize society, but they don’t necessarily create good architecture. We have seen a lot of good architecture in our lives that was produced in situations with few or no building regulations. For instance, we spent a lot of time in Niger in Africa after graduating from architecture school. In this developing country the organization of daily life is not a routine but an existential act. Building a house is a very immediate translation of basic needs into a space – such as wanting to have some shadow or a cool breeze. Together with a very careful attention to the environment, orientation and climate, that’s what generates the architecture of that place. Norms and regulations are replaced by observation, common sense and knowledge.“ There is a beautiful novel by José Luis Borges called „The Exactitude of Science“. It’s about a guild of cartographers and their attempt to produce a 1:1 map of the Empire. When the cartographers finished the map, it completely covered the world it was pretending to represent. Regulations are similar to this map. Trying to cover everything, they easily miss many precious and relevant aspects of reality. Rather than regulations we prefer to take the real world as our reference when adding something to it. For the Café at the Architecture Center in Vienna, we designed the ground plan so that you have to pass through the kitchen on your way to the toilets from the dining hall. Because this was not in accordance with the sanitary laws of Vienna, the city’s building department first denied our building permit. Luckily, we discovered the same spatial sequence in Café Prückel, one of Vienna’s most prestigious Kaffeehäuser, where you pass by an open kitchen on your way down to the bathrooms. Since Prückel is a highly classic cultural institution in Vienna, no one would dare to question it. The regulators of the city therefore agreed to take the Prückel as a precedent and let us get away with the same programmatic sequence for our project. Regulations can also stifle innovation. The new energy-saving regulations for buildings in Europe for instance are based on a very reductivist thinking: to prove that a building is sufficently insulated, you have to calculate the U-Value of the materials on its facade. But this formula does not work for every building—not for our transformation of Tour Bois le Prêtre in Paris, for instance.  There we replaced the building’s asbestos-contaminated facade with a double facade that consists of a two meter deep winter garden and a one meter deep balcony. Now the building is thermally insulated thanks to the double-glazed sliding doors of the inner-most facade, a thermal curtain, and, most impotantly, by the passive solar heat gain of the winter garden. This layered facade acts as a thermal buffer that decreases the temperature difference between the outdoor and indoor climate. We can thus reduce the building’s heating energy by 60 %! But not by wrapping the construction with styroform, as conventional regulations would have wanted us to, but basically enveloping it with a a volume of air. And unlike a styroform wall, that volume contains usable space. It is but one example which clearly shows, in my opinion, that architects must not accept building regulations as god-given and absolute. Since our built environments continuously evolve, the rules invented to regulate them also need to be checked constantly to see if they still apply—and if they don’t, they need to be changed. Anne Lacaton directs, together with her partner Jean-Philippe Vassal, the French architecture office Lacaton & Vassal architectes. Through a series of internationally recognized housing projects Lacaton & Vassal have redefined the social dimension in social housing as well as reinstating the cultural legacy of modernist pre-fab mass housing developments in France and beyond. Their „Tour Bois  Le Prêtre“, a signature case-study project of this research, is currently presented in an exhibition at the DAZ, Berlin.
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Florian Stocker / 8.3.2013 / 16:53

Architekt Remshalden

Nein ...

Nein, natürlich nicht. Im Umkehrschluß würde es bedeuten, dass Architektur, die ohne Bauvorschriften entstand, keine gute Architektur sein könnte. Schon hier wird deutlich, wie provokant das Postulat ist. Wird jedoch gefragt, ob die Qualität der Architektur wächst, wenn sie auf Probleme stößt, wäre die Frage meiner Meinung nach mit ja zu beantworten. Architektur entsteht vielleicht erst dann, wenn Menschen mit Problemen konfrontiert werden, die in Höhlen mit Werkzeugen und Kleidung alleine nicht mehr lösbar sind.Die Architekturgeschichte ist gefüllt mit architektonischen Erfindungen, die einer Notsituation begegneten. Zum Beispiel die minimalen Konstruktionen von Wladimir Grigorjewitsch Schuchow. Not macht erfinderisch, warum nicht auch in der Architektur. Schwerkraft, Wetter, Materialknappheit sollten genügend Not tun.Einer "Vorschrift" entsprechend physikalischen Gesetzen, wie zum Beispiel dem Gesetz der Schwerkraft nach Newton, muß Architektur folgen, wenn sie einen dauerhaften Raum gewähren will. Nun stellt sich die Frage, ob die Bauvorschriften, wie sie hier von der Redaktion gemeint sind, als entfernte Art einer Formel die soziologische "Naturkräfte" oder "Gesetzmäßigkeiten" abbilden, zu sehen seien könnten. Folgen diese Baugesetze oder Bauvorschriften dem Wunsch eines menschlichen Zusammenlebens? Die Hoffnung bleibt. Florian Stocker ist Architekt und war am Massachusetts Institut of Technology und an der Universität Karlsruhe in der Lehre tätig. Er studierte an der Staatlichen Akademie der bildenden Künste Stuttgart, mit einem DAAD Stipendium am Massachusetts Institute of Technology, Harvard University und am Beilage Institut, Amsterdam. Im Jahr 2000 gründete er das Architekturbüro Stocker BDA im Remstal bei Stuttgart. Seit dem Jahr 2004 betreibt er das Onlineforum "Frage der Monats - Architekturtheorie" in dem namenhafte Theoretiker und Architekten Antworten formulieren. http://www.atelier-stocker.de/theorie.html
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Liam Ross, / 8.3.2013 / 12:33

Architekt und Professor an der Edinburgh School of Architecture and Landscape Architecture (ESALA)

Ja ...

{Deutsche Übersetzung} Ulrich Beck zufolge haben wir eine Stufe der industriellen Entwicklung erreicht, in der wir weniger darauf bedacht sind, das befreiende Potenzial technologischer Produktivität weiter auszureizen, sondern eher die in diesem Potenzial schlummernden Risiken und unbeabsichtigten Nebeneffekte zu bändigen. Die Kausalitäts­zusammenhänge dieser Effekte und Risiken – der Klimawandel sei hier beispielhaft genannt – sind für den Einzelnen oft nicht mehr wahrnehmbar, so dass wir auf Experten aller Art – von Wissenschaftlern bis Regulierungsbehörden – angewiesen sind, uns diese Risiken klar zu machen und uns für unser kollektives Handeln Empfehlungen zu geben. Der wachsende Umfang und die zunehmende Komplexität von Bauvorschriften ist ein Index dieser historischen Verlagerung, der Reflexivität zeitgenössischer Praxis. Während die moderne Bewegung die Architektur noch aus den neuen technologischen Möglichkeiten des Bauens entwickeln wollte, sind die Möglichkeiten zeitgenössischer Architektur scheinbar in einem Netzwerk aus Normen, Vorschriften und Richtlinien gebunden, was die Tätigkeit des Architekten, Kunden und Bewohners zwangsläufig einschränkt.Über diesen zunehmend komplexen Behördenapparat kann man durchaus besorgt sein. Regularien bilden ja kein wertneutrales, technisches Dokument, sondern bringen ihre eigenen und zwangsläufig beschränkten Formen von Sichtbarkeit, Denkweisen, Ethik und Subjektivität mit sich. Wir könnten daraus durchaus schlussfolgern, dass Bauvorschriften als System grundsätzlich fehlerhaft sind und sie die Architektur in einer wirtschaftlichen Logik gefangen halten. Denn während Beck die „Risikogesellschaft“ als einen Prozess der „Vergesellschaftung“ von Wissenschaft ansieht, scheinen Vorschriften sich an „produktivitätssteigernden Erkenntnisinteressen“ zu orientieren: Sie werden meist von Leuten definiert, die von den Risiken profitieren und eher neue Wirtschaftszweige aus ihnen erzeugen wollen als sie zu verdrängen.Trotzdem sollten wir uns auch das gemeinschaftbildende Potenzial dieser selbstauferlegten Beschränkungen vor Augen führen: Wir definieren die Bauvorschriften, die wir als so einschränkend empfinden. Und insofern erweisen sich Bauvorschriften als ein Werkzeug, mit dem die Architektur sich mit einer Reihe von biologischen, soziologischen und ökologischen Grenzen konfrontieren kann. Und erst durch diese Grenzerfahrung werden wir fähig zu unserer eigenen „Impotentialität“. (Anmerkung der Redaktion: Impotentialität ist ein Begriff, den der italienische Philosoph Giorgio Agamben in die Diskussion eingefährt hat. Potentialität bezeichnet die Fähigkeit, etwas zu tun. Impotentialität beschreibt die Fähigkeit, etwas nicht zu tun. Diese Fähigkeit zeichnet den Menschen gegenüber dem Tier aus, welches einem Impuls (z. B. dem, ein anderes Tier zu fressen) reflexhaft folgt, während der Mensch demselben Impuls durch seine Fähigkeit zur Reflexion widerstehen kann.)  Liam Ross ist Architekt und Dozent für architektonisches Entwerfen an der ESALA. Er studierte an der University of Edingburgh und der Architecture Association und hat Praxiserfahrung in Edinburgh, London und New York, wo er an Projekten für Großbritannien, den USA, Russland und den VAE arbeitete. Er erhielt eine Reihe von Auszeichnungen für seine Entwürfe und stellte seine Arbeiten im Feld der Design-Forschung im britischen Pavillon auf der Biennale in Venedig 2012 und der RIBA aus. http://sites.ace.ed.ac.uk/liamross
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Liam Ross / 7.3.2013 / 14:02

The Edinburgh School of Architecture and Landscape Architecture (ESALA)

Ja ...

{ORIGINAL ENGLISH VERSION} As Ulrich Beck observes, we have reached a stage in industrial development where we are less concerned about maximizing the liberative potential of technological productivity, more concerned with limiting its inherent risks and accidental side-effects.  The causality of these effects and risks are often imperceptible to the individual subject – climate change being exemplary – and we are therefore indebted to experts of many forms – from scientists to regulators – to both represent these risks, but also advise as to our collective action.  The increasing scope and complexity of building regulations is an index of this historic shift, of the reflexivity of contemporary practice.  The results is that, where the modern movement sought to ground architecture within the technological potential of building, the possibilities of contemporary practice seem rooted in a network of prescriptive standards, codes and guidelines, which necessarily limit the agency of the designer, the client, and the occupant.  There are certainly reasons to be concerned about this increasingly complex governmental apparatus; regulations are not value neutral, technical document, but always confer their own (partial) forms of visibility, ways of thinking, ethical affirmation and kinds of subjectivity.  Indeed, we might be tempted to conclude that they are fundamentally flawed as a system, necessarily captivating architecture within an economic logic. While Beck sees the ‘Risk Society’ as a process of ‘societalising’ science, regulations seem disposed to ‘productivity-raising knowledge interests’; they are often defined by those who profit from risks, and rather than negating them, find means to create new economies from them. Nonetheless, we might also see a community-forming potential in these self-imposed limits; in its being withheld, and its being withholding, building regulation is a medium through which the discipline confronts a range of biological, sociological and ecological limits, through which we become ‘capable of own impotentiality’. Liam Ross is an architect and lecturer in architectural design at ESALA.  He studied at the University of Edinburgh and the Architecture Association, and has experience of practice in Edinburgh, London and New York, on projects in the UK, USA, Russia and UAE.  He has received a number of awards for his design work, and has exhibited design-research work at the British Pavilion at the Venice Biennale 2012, and at the RIBA. http://sites.ace.ed.ac.uk/liamross  
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Susanne Schindler, Architektin und Publizistin / 6.3.2013 / 9:16

Parsons The New School for Design, New York

Jein ...

... sie braucht sie nicht, denn sie besteht daraus. Architektur ist Regelwerk. Zu entwerfen ist zu regulieren. Auch die innovativste, provokativste Architektur schreibt vor, und das kann sie nur, in dem sie sich auf schon eingeführte Regeln und Konventionen bezieht und diese bricht. Anders gesagt: unsere Bauvorschriften, Regeln, Normen, ...  sind nichts anderes als das gesammelte und kodifizierte Wissen der Architektur. Wo sonst findet sich eine solch verständlich und klar formulierte, auf Handlung ausgerichtete Architekturtheorie? Wo sonst ein so allumfassendes Lexikon der Baukultur? Ob dieses Wissen auf empirischer Forschung beruht—wie wirkt sich Tageslicht auf den Vitaminhaushalt eines heranwachsenden Kindes aus?—oder auf gesellschaftlichen Konventionen—eine Wohnung definiert sich dadurch, einen durch eine Tür abtrennbaren Raum zu haben, der so geschnitten sein muss, dass ein Bett für ein Ehepaar so gestellt werden kann, dass dieses Bett von den beiden Personen, die darin gleichzeitig schlafen, unabhängig und von zwei Seiten her erreichbar ist—: Bauvorschriften sind ein Abbild dessen, was funktioniert, gewollt wird, minimale Qualitätsansprüchen sichert, sich bewährt hat.Wie Liam Ross in seinen Studien zeigt, sind diese Regeln meist da, um diejenigen zu schützen, die aufgrund ihrer wirtschaftlichen Position wenig Einfluss auf das Gebaute haben, zum Beispiel im Mietwohnungsbau. Im Luxus-Segment der Eigentumswohnungen ist die Gesetzgebung weitaus nachlässiger, denn dort wird die Sache durch das Geld geregelt. Das Wissen der Architektur verändert sich laufend, und entsprechend verändern sich auch die Vereinbarungen darüber, welches Wissen wir für das Bauen als ausschlaggebend befinden. Ob man mehr oder weniger Regulierung für nötig hält, an mehr oder weniger Staat glaubt, ist eine Frage der Haltung. Ob man der Meinung ist, sie solle vor- oder beschreibend, fix oder kontingent sein, ist eine Frage der Umsetzung. Wichtig ist: Gesetze werden entworfen, genau so wie der Bau auch.Ein Beispiel dafür, wie ein solcher Entwurfs-Prozess gestaltet werden kann: das Citizens Housing and Planning Council (CHPC), ein New Yorker Think Tank, betreibt seit fünf Jahren das Projekt Making Room. Ziel der Initiative ist es, die Vorschriften, die den Wohnungsbau der wachsenden 8-Millionen Stadt regeln, zu reformieren. CHPCs Analysen zeigen, dass diese zum großen Teil überholt sind. Ein Beispiel dafür: eine Wohnung darf laut Gesetz ausschließlich von einer "Familie" belegt werden, und diese "Familie" wird als Gruppe von nicht mehr als drei nichtbiologisch verwandten Erwachsenen definiert"– was zwangsläufig einen Großteil heutiger Patchworkfamilien ausschließt, genauso wie Studenten-WGs mit vier oder mehr Mitgliedern. Während dies in der Praxis kaum überprüft wird und sichauch keine Verwaltungseinheit wirklich dafür interessiert, verhindert diese Art von Gesetzgebung aber sehr wohl den Bau von Wohnraum, der aktuellen Bedürfnissen entspricht, vor allem Kleinstwohnungen für Alleinlebende sowie große Wohnungen für nichtbiologisch verwandte Haushalte.Da das Argumentieren auch auf Verwaltungsebene sehr viel einfacher wird, wenn sich die Beteiligten vorstellen können, wie es sich denn in einer nun plötzlich statt 40 Quadratmeter nur noch 25 Quadratmeter großen Wohnung leben ließe, engagierte CHPC 2011 zusammen mit der Architectural League of New York fünf Architekten-Teams—Deborah Gans, Peter Gluck und Terri Chiao, Rafi Segal und Stan Allen, Ted Smith, und Team R8—um sich der Frage welche Gesetze wie geändert werden könnten, aus architektonischer Sicht zu nähern. Auf dieser Basis folgte 2012 der von der Stadt New York ausgeschriebene Investoren-Architekten-Wettbewerb für ein Pilotprojekt für die inzwischen vielbesprochenen "micro units" — Wohnungen, die bei 25 Quadratmeter anfangen. Der prämierte Entwurf von nArchitects soll 2014 umgesetzt sein.Vielleicht wäre es nicht schlecht, die Frage nach der Qualität der Architektur vorübergehend in eine Frage nach der Qualität der Bauvorschriften zu ändern. Susanne Schindler ist Architektin und Autorin in Princeton, USA. Sie arbeitet an der Schnittstelle von Politik und Entwurf im Wohnungsbau. Sie ist Koautorin von Growing Urban Habitats: Seeking a New Housing Development Model (2009), Gastredakteurin von Bauwelt 10/2012, „Affordable New York”, und als Mitglied von Team R8 an der Initiative "Making Room" beteiligt. Schindler ist Mitherausgeberin von Candide. Journal for Architectural Knowledge, und lehrt Entwurf an Parsons The New School for Design in New York.  
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Anna-Maria Meister / 5.3.2013 / 10:16

Architektin, Princeton University, School of Architecture

Ja ...

... wenn wir die lange, oft steinige Beziehungsgeschichte zwischen dem "Guten" und der "Vorschrift" zum Anlass für Fragen und Hinterfragen nehmen. Gesellschaften definineren, was "gut" (für sie) ist, und versuchen, diese Werte festzuschreiben und einzulösen; in unserem Fall vielleicht in extremer Form durch eine (Über-)Fülle von Gesetzen, Regulierungen und Vorschriften. Doch diese Festschreibungen finden natürlich auch auf anderen Ebenen statt: wenn wir also über Normen nachdenken, sind sie immer auch symptomatisch für die Gesellschaft, die sie erzeugt - und für deren Werte. Einen Keil zwischen "gut" und "Vorschrift" zu treiben ist demnach eine vorschnelle (und auch bequeme) Separation von Ästhetik und Werten - seien sie technisch, moralisch, ökonomisch oder gesellschaftlich. In der Architektur ist jede Werte-Ermittlung vielschichtig: "Gut" ist eine Frage des Standpunktes, und reicht von sozialer Utopie bis zu Real-Estate Träumereien, von Konstruktion für die Ewigkeit zu formaler Ideologie. Was "gut" ist, hat viele Gesichter - insofern hat auch die Normierung und Regulierung der entsprechenden Werte vielerlei Implikationen. Normen werden als Hindernis, als Auflage gesehen, die "gutes" Entwerfen erschweren. Die Frage, die hier gestellt wird, scheint auf solch eine Diskrepanz zwischen Ästhetik und Gesetz abzuzielen. Die Wertevermittlung, die die Normierung schon seit dem Ende des 19. Jahrhunderts in ihrem Kern zum Inhalt hatte, war untrennbar mit dem Anspruch an "gute" Architektur verbunden. Die Erwartung, dass "gute" Form sowohl ökonomisch, als auch moralisch wirksam ist, hat ebenfalls historische Wurzeln. Wenn wir also heute die Norm als Hindernis zur Form sehen, kann uns die gestellte Frage an sich Anlass sein, über unseren Normenzwang zum Einen, und unseren ästhetischen Befreiungsdrang zum Anderen nachzudenken. Um das schwierige Verhältnis von "Vorschrift" und "Entwurf" zu beleuchten, sind subversive Übertreibungen und ein Hinterfragen der Schlagwörter hilfreich - ohne Angst vor stilistischen Fehltritten und Humor: Wie könnte eine "Ästhetik der Norm" aussehen? Wie kann der Exzess der Bürokratie interpretiert und gestaltet werden? Was ist eine "gute Norm"? Und ganz grundsätzlich: haben wir uns überhaupt schon geeinigt, was "gute" Architektur überhaupt sein kann? Ich hoffe nicht - denn nur durch's Weiterdiskutieren und in Frage stellen von scheinbar klaren Werturteilen können wir eine Architekturdebatte haben, die kulturelle Bedeutung und eine Zukunft hat. Anna-Maria Meister hat an der TU München Architektur studiert und einen Master of Science an Columbia University, New York absolviert. Derzeit promoviert sie im Fach Architekurgeschichte- und theorie an der School of Architecture der Princeton University. Sie ist fellow in Princetons IHUM Programm und beschäftigt sich mit Fragen zu Norm und Normierung im Bezug auf die Moderne in Deutschland. 
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Florian Stocker / 8.3.2013 / 16:53

Architekt Remshalden

Nein ...

Nein, natürlich nicht. Im Umkehrschluß würde es bedeuten, dass Architektur, die ohne Bauvorschriften entstand, keine gute Architektur sein könnte. Schon hier wird deutlich, wie provokant das Postulat ist. Wird jedoch gefragt, ob die Qualität der Architektur wächst, wenn sie auf Probleme stößt, wäre die Frage meiner Meinung nach mit ja zu beantworten. Architektur entsteht vielleicht erst dann, wenn Menschen mit Problemen konfrontiert werden, die in Höhlen mit Werkzeugen und Kleidung alleine nicht mehr lösbar sind.
Die Architekturgeschichte ist gefüllt mit architektonischen Erfindungen, die einer Notsituation begegneten. Zum Beispiel die minimalen Konstruktionen von Wladimir Grigorjewitsch Schuchow. Not macht erfinderisch, warum nicht auch in der Architektur. Schwerkraft, Wetter, Materialknappheit sollten genügend Not tun.
Einer "Vorschrift" entsprechend physikalischen Gesetzen, wie zum Beispiel dem Gesetz der Schwerkraft nach Newton, muß Architektur folgen, wenn sie einen dauerhaften Raum gewähren will. Nun stellt sich die Frage, ob die Bauvorschriften, wie sie hier von der Redaktion gemeint sind, als entfernte Art einer Formel die soziologische "Naturkräfte" oder "Gesetzmäßigkeiten" abbilden, zu sehen seien könnten. Folgen diese Baugesetze oder Bauvorschriften dem Wunsch eines menschlichen Zusammenlebens? Die Hoffnung bleibt.

 

Florian Stocker ist Architekt und war am Massachusetts Institut of Technology und an der Universität Karlsruhe in der Lehre tätig. Er studierte an der Staatlichen Akademie der bildenden Künste Stuttgart, mit einem DAAD Stipendium am Massachusetts Institute of Technology, Harvard University und am Beilage Institut, Amsterdam. Im Jahr 2000 gründete er das Architekturbüro Stocker BDA im Remstal bei Stuttgart. Seit dem Jahr 2004 betreibt er das Onlineforum "Frage der Monats - Architekturtheorie" in dem namenhafte Theoretiker und Architekten Antworten formulieren. http://www.atelier-stocker.de/theorie.html

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Andreas Ruby / 9.3.2013 / 21:47

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Also das wäre ein Plädoyer dafür, der Fantasie Grenzen zu setzen. Aber an Grenzen mangelt es doch heute angesichts der zunehmenden Normierung und Regulierung des Bauens doch eigentlich nicht, oder? Könnte es nicht umgekehrt sein, dass eine radikale bürokratische Entschlackung des Bauens ungeahnte Schaffenskräfte freisetzen könnte? Oder hat die Disziplin der Architektur nach Jahrhunderten der Dienstleistung eine spezifische Art der déformation professionelle zugezogen, derzufolge Architekten nur dann kreativ werden können, wenn sie sich erst mal gegen alle Arten von Widerständen durchkämpfen müssen? 
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Florian Stocker / 27.5.2013 / 8:20

Nein ...

Blixa Bargeld in "Die Zeit 2011":"Erst die Beschränkung macht das Nachdenken interessant."
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