"Ist nachhaltige Architektur verlogen?"
Ja! 42%
Nein! 58%
U-Werte, sommerliche Kühlung, winterlicher Wärmeschutz, automatisierte Gebäudelüftung und effiziente Wärmerückgewinnung – mit diesen Waffen wetteifern Architekten und Ingenieure um das nachhaltigste Gebäude und rackern sich ab im Hamsterrad der Effizienz.
Bei der Lektüre des neuen Klimaberichts, der sich verheerender denn je liest, kann einen der leise Zweifel beschleichen, ob Bauen jemals nachhaltig sein kann: Gebäude versiegeln den Boden, der Baustellenbetrieb ist die reinste Energieschleuder, von der ressourcenintensiven Materialproduktion (z. B. Zement) und dem späterem Verbrauch im Betrieb ganz abgesehen. Allein angesichts der sogenannten „grauen Energie“ mag man dem propagierten Nullsummenspiel von energieautarken Bauten oder solchen, die sogar mehr produzieren als sie verbrauchen, kaum mehr Glauben schenken. Die aufwändigen Maßnahmen zugunsten der „Nachhaltigkeit“ kommen mehr einer minimalen Schadensbegrenzung gleich anstatt die Klimakatastrophe aufhalten zu können.
Aber selbst wenn Architektur energieneutral wäre, wie könnte unser Leben in den derzeitigen Strukturen nachhaltig sein? Unser ökonomisches System stellt uns doch vor ein Dilemma: Moralisch zum Sparen verdammt müssen wir wirtschaftlich immer weiter wachsen und ständig Neues produzieren. Und die Baubranche ist ein wesentlicher Teil dieser zwanghaften Gewinn-Ökonomie. Sie muss immer neue Bauprodukte und Gebäuden liefern, selbst wenn wir zumindest hierzulande durchaus genügend nutzbare Substanz hätten. Das kann nicht nachhaltig sein. Wie können Architekten aber mit diesem Dilemma umgehen? Wieweit geht ihr Einfluss? Brauchen wir radikalere Mechanismen und weitreichendere politische Korrekturen der ökonomischen Logik? Im Sustainability-Diskurs geht es neben dem Streben nach Effizienz immer mehr auch um das Prinzip der Suffizienz, also um die Frage, was wirklich zur Existenzerhaltung nötig ist. Sind die Versprechungen der Nachhaltigkeit also verlogen, solange wir in einen System leben, das auf Gewinnmaximierung und Wachstum basiert?
Diese Frage stellen wir in Kooperation mit dem Journalisten Peter Reischer.
Jein ...
Jein ...
Nein ...
Nein ...
Jein ...
Nein ...
Nein ...
Jein ...
Ja ...
Nein ...
Nein ...
Ja ...
Jein ...
Nein ...
Jein ...
Weder Ja noch Nein.
Denn was ist "nachhaltige Architektur"? Was macht die Qualität eines "nachhaltigen Gebäudes" aus? Darauf sind bisher kaum Antworten gefunden. Und die Lösungen, die aktuell praktiziert werden, allen voran Dämmen und Zertifizieren, dienen einigen Wenigen. Aber nicht den Gebäuden, der Umwelt, dem Klima und schon gleich gar nicht den Nutzern. Und solange der Nutzer nicht im Mittelpunkt steht, sondern das Diktat zur Effizienz und die Maximierung von Rendite die Debatte und das Handeln bestimmen, wird es keine Zukunftsorientierung geben.
Was ich mir sehr für die Zukunft wünsche, ist ein interdisziplinärer Dialog zwischen den am Bau Beteiligten. Damit überhaupt erst einmal die Frage geklärt wird: Was wollen wir denn erreichen, wenn wir Gebäude modernisieren, wenn wir Neues konzipieren, wenn wir für die Zukunft bauen? Bisher wird alles unter dem Aspekt der Energieeffizienz betrachtet. Gottlob hat die IBA Hamburg den Bogen wesentlich weiter gespannt und die Ebene des Quartiers oder sogar der Stadt in den Blickpunkt gerückt. Und dieser Blickwinkel hat die Debatte um Nachhaltigkeit ein ganzes Stück weitergebracht! Nicht das solitäre Gebäude muss betrachtet werden, sondern der Kontext in dem es steht. Wie funktioniert es im Zusammenhang mit einer regenerativen Energieversorgung, im sozialen Gefüge, bezüglich einer zeitgemäßen Verkehrsanbindung und und und.
Notwendig ist auch ein der Zeit entsprechendes Planungsrecht - auch das ist während der IBA Hamburg mehrfach angesprochen worden.
Diese ganzen Themen müssen fortgeführt und weiterentwickelt werden! Und zwar branchenübergreifend! Darüber hinaus muss die Vernetzung der unterschiedlichen Disziplinen intensiviert werden. Dann sind wir in der Lage, Antworten auf die Frage zu geben. Zwar nicht, ob "nachhaltige Architektur" verlogen ist. Aber im Hinblick darauf, was "nachhaltige Architektur" denn überhaupt ist.
Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten!
Mit besten Grüssen aus Hamburg
Dagmar Hotze
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